Ein Abend für Hedwig Levi Michel
„Widibum, hurra! Grüß Euch Gott, ich bin da. Ich bin da. Es müssen tausend Jahr vergeh’n, eh solch’ ein Wunder mag gescheh’n.
Lebendig wird ein Stückchen Holz. Schön bin ich und ganz schrecklich stolz.
Die tausend Jahr sind um, Ich bin da. Widibum!.“
Paul Hindemiths »Tuttifäntchen« -Suite, Libretto: Hedwig Michel und Franziska Becker
Mittwoch, 27. November 2024, 18:30 Uhr
»Widibum, hurra!« Hedwigs Gründergeist
Wir erinnern an Hedwig Levi Michel, die bis zu ihrer Emigration 1940 mit Einfallsreichtum, organisatorischer Tatkraft und Todesmut viel für Frankfurter Bürger:innen und Mädchen jüdischer Herkunft geleistet hat. Sie war eine herausragende Menschen- und Opernfreundin.
Mit Fundstücken aus ihrem Leben, einer kleinen Ausstellung, Texten und Musik laden wir Sie in ihr ehemaliges Wohnhaus im Gärtnerweg 62 ein. Im Gespräch über diese sozial engagierte, uneitle Zeitzeugin möchten wir vermitteln, wie wesentlich die gemeinsame Auseinandersetzung mit Kultur und Geschichte ist.
Der Abend zu ihrem Gedenken bildet den ersten Teil einer Trilogie, welche an die Vielfältigkeit ihrer Persönlichkeit anknüpft.
Hedwig Levi Michel (1892 – 1982) war zunächst schreibend tätig, als Journalistin, Kritikerin und Autorin. Für ihren Nachbarn aus der Leerbachstraße, den bedeutenden Komponisten Paul Hindemith, schrieb sie das Libretto zum Weihnachtsmärchen Tuttifäntchen (1922).
Als Operngängerin mit sozialem Bewusstsein entwickelte sie mit der Opernhilfe e.V. unterschiedlichste Aktionen, um finanziell weniger begüterten Zuschauer:innen den Eintritt zu erleichtern. Die Vorläuferin des heutigen Patronatsvereins hatte in ihrem Haus im Gärtnerweg 62 ihre Geschäftsstelle.
1933 zwangen die Nationalsozialisten die mehrheitlich jüdischen Mitglieder zur Gründung des Kulturbunds deutscher Juden, dessen Vorsitzende sie war.
Durch die Veranstaltung führt Iris Winkler, Opernpädagogin der Oper Frankfurt, Initiatorin des monatlichen Operntreffs und Gründerin von Musanna, zusammen mit Diana Djeddi, Kultur- und Communitymanagerin der Villa Gründergeist.
Die Villa Gründergeist hat sich bereits in den zurückliegenden Jahren mit der bewegten Vergangenheit des Hauses auseinandergesetzt. Zu ihr ist in Zusammenarbeit mit profikollektion ein Audiowalk entstanden, der durch die Villa Gründergeist führt, und an diesem Abend ebenfalls zugänglich ist.
Die Veranstaltung wird vom Kulturamt der Stadt Frankfurt gefördert. Eintritt frei (Spenden für die Kulturarbeit der Villa willkommen).
Anmeldung d.djeddi@ villa-gruendergeist .de.
Wir freuen uns sehr, dass die Frankfurter Rundschau einen Artikel von Andreas Hartmann über unsere Veranstaltung und Hedwig Levi Michel veröffentlicht hat.
Weitere Daten der Trilogie für 2025:
Die Trilogie wird fortgesetzt mit der zweiten Veranstaltung am 18. Januar 2025 mit Prof. Angelika Nebel, Konzertpianistin. Sie hat die Werke des Organisten Siegfried Würzburger, in der damaligen Zeit Organist der neu gegründeten Frankfurter Synagoge im Westend, gesichert und in Teilen für Klavier umgeschrieben. Den kaum bekannten und selten gespielten Stücken möchten wir in der Villa Gründergeist einen Abend widmen.
Mit andpartnersincrime schließen wir die Trilogie im Frühjahr 2025 ab und schlagen die Brücke aus der Vergangenheit in die Gegenwart. andpartnersincrime ist ein kollaborativer Zusammenschluss freischaffender Performancekünstler:innen mit Hauptsitz in Frankfurt am Main. Der performative Diavortrag „Über das Unbehagen zu Wohnen“ erzählt E. Herder anhand von Dokumenten und Objekten ihrer Familie eine alternative Geschichte deutsch-jüdischer Identität, in der die Grenzen zwischen Politischem und Privatem, zwischen Opfern und Tätern verschwimmen. Die Villa Gründergeist wird für das Stück zu einer perfekten Bühne - räumlich und im übertragenen, inhaltlichen Sinn.